Behandlungsfehler


Medizinrecht


Was ist ein Behandlungsfehler?


Ein Behandlungsfehler liegt immer dann vor, wenn die Behandlung nicht lege artis abgelaufen ist.


Der Behandelnde schuldet die sorgfaltsgemäße Behandlung entsprechend der für die ärztliche Leistung und alle in ihrem Zusammenhang stehenden Leistungen jeweils geltenden Sorgfaltsanforderungen.


Die nicht sorgfaltsgemäße Behandlung stellt den zweiten Haftungsgrund im Rahmen der Arzthaftung im engeren Sinne dar. Durch § 630 a Abs. 2 1. Halbsatz BGB wird der Behandelnde verpflichtet auf den „zum Zeitpunkt der Behandlung bestehenden allgemein anerkannten fachlichen Standard“ als Ausformung des Sorgfaltsmaßstabes in § 276 Abs. 2 BGB Acht zu nehmen. Nach § 630 a Abs. 2 2. Halbsatz ist es möglich, vertraglich eine Herabsetzung des Sorgfaltsmaßstabs vorzunehmen, mithin also in eine bestimmte Behandlungsmaßnahme einzuwilligen, die an sich nicht (mehr) dem Standard entspricht.


Der aktuelle medizinische Standard ergibt sich aus verschiedenen Leitlinien, wobei die Methodenfreiheit der Ärzte zu beachten ist. Leitlinien sind systematisch entwickelte Hilfen für Ärzte zur Entscheidungsfindung in spezifischen Situationen. Sie beruhen auf aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen und in der Praxis bewährten Verfahren und sorgen für mehr Sicherheit in der Medizin, sollen aber auch ökonomische Aspekte berücksichtigen. Die Leitlinien sind für Ärzte rechtlich nicht bindend und haben daher weder haftungsbegründende noch haftungsbefreiende Wirkung.


Der Arzt hat immer auch einen

Ermessens- und Beurteilungsspielraum im Rahmen der Behandlung, wodurch sich seine Methodenfreiheit ergibt. Diese Methodenfreiheit gilt grundsätzlich.

Die Leitlinien gelten somit als Erkenntnisquelle für das, was dem Arzt als berufsfachstandardgemäße Leistung abzuverlangen ist, sie können aber die Prüfung des Sorgfaltsanforderungen im Einzelfall nicht ersetzen.

Wann liegt ein Behandlungsfehler vor?

Ein Behandlungsfehler liegt vor, wenn der Arzt während der Behandlung gegen geltende medizinische Regeln oder gegen verlässliche medizinische Erkenntnisse verstößt.

Ein Behandlungsfehler ist grob, wenn er nach Anwendung der für Ärzte geltenden Maßstäbe der Ausbildung, Kenntnisse und Erfahrung bei Anwendung dieser Maßstäbe bei objektiver Betrachtungsweise nicht mehr nachvollziehbar oder vertretbar erscheint, weil er ab diesem Zeitpunkt nicht mehr gemacht werden kann der behandelnde Arzt.


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Der Behandlungsfehler, welcher eine Verletzung der ärztlichen Kunst darstellt ist zu unterscheiden


Der Behandlungsfehler, also die Verletzung der ärztlichen Kunst, ist vom Aufklärungsfehler zu unterscheiden, der das Selbstbestimmungsrecht des Patienten missachtet.


Behandlungsfehlergruppen:



  • Diagnosefehler: bezeichnen Versäumnisse und Fehler bei der Befunderhebung und -beurteilung.


  • Diagnoseirrtümer: keinesfalls Folge vorwerfbaren Verhaltens, da Symptome einer Erkrankung nicht immer eindeutig sind oder jeder Mensch aufgrund der Unterschiedlichkeit des menschlichen Organismus die Anzeichen ein und derselben Krankheit in anderer Ausprägung bilden kann. Fehldiagnosen sind daher nur zurückhaltend als Behandlungsfehler zu werten. Bei einem Diagnoseirrtum ist ein Behandlungsfehler erst anzunehmen, wenn das diagnostische Vorgehen oder auch die Auswertung bildgebender Verfahren für einen gewissenhaften Arzt nicht mehr vertretbar erscheinen.


  • Nichterhebung von Befunden: Eine Unterlassung von Befunderhebungen kann sich bei zweifelsfrei gebotener Befundung schnell als grober Behandlungsfehler darstellen, § 630 h Abs. 5 S. 2 BGB.


  • „Diagnose“ bei Schönheitsoperationen: Ausgeschlossen werden muss vom Arzt vor Durchführung einer Schönheitsoperation, dass der Wunsch hierzu aufgrund einer „psychisch-neurotischen Fehlhaltung“ zustande gekommen ist. Eine medizinische Indikation ist in der Regel nicht gegeben.


  • Therapiefehler: Bezugspunkt sind die Auswahl der Behandlungsmethode, alle Entscheidungen im Zusammenhang mit deren konkreten Durchführung sowie die Informationspflichten des Arztes nach § 630 c Abs. 2 BGB bezüglich den Therapieerfolg sicherstellende, diesen fördernde bzw. gefährdende Umstände und Verhaltensweisen des Patienten.


  • Methodenfreiheit: Die Entscheidung über die Auswahl und die konkrete Durchführung der Therapie liegt grundsätzlich beim Arzt.
    Er hat insoweit eine Therapiefreiheit, die zu seinem Berufsbild gehört und über die Berufsausübungsfreiheit nach Art. 12 GG grundrechtlich geschützt ist.
  • Der Arzt muss den Patienten jedoch an der Auswahl der Therapiemethode beteiligen, wenn es mehrere medizinisch gleichermaßen indizierte und übliche Behandlungsmethoden gibt, die wesentlich unterschiedliche Risiken und Erfolgschancen aufweisen und sich so eine echte Wahlmöglichkeit für den Patienten ergibt.


  • Grenzen: Grenzen der Wahlfreiheit liegen dort, wo veraltete, überholte Methoden oder von mehreren Behandlungsmethoden ohne triftigen Grund nicht die schonendste angewendet wird oder es an eigener Erfahrung und genügender Beherrschung der gewählten Methode fehlt.


  • Veraltete Methode: Darf nicht mehr durchgeführt werden, wenn sie durch eine neuartige Methode in Wissenschaft und Praxis abgelöst wurde.


  • Risikoreichere Methode: Nicht immer hat der Arzt die Pflicht, die risikoärmste Methode anzuwenden, will er aber eine risikoreichere Methode anwenden, bedarf es einer sachlichen Rechtfertigung aufgrund bestimmter Umstände.


  • Mangelnde Beherrschung der Methode: Eine Vorgehensweise, die der Arzt nicht ausreichend beherrscht, darf er nicht (unbeaufsichtigt) ausführen.


  • Verhaltenshinweise: Der Behandlungserfolg hängt maßgebend auch vom Verhalten des Patienten ab. Der Patient muss wissen war er tun kann, um den Behandlungserfolg zu fördern und zu sichern, was er zu unterlassen hat, um ihn nicht zu gefährden und was sonst zu beachten ist, um eine Selbst- oder Fremdgefährdung im Zusammenhang mit der Behandlung auszuschließen.


  • Medikamenteneinnahme: Zur Therapie gehört auch die sorgfältige Rezeptierung und Medikation. Dabei muss der Arzt Nutzen gegen Risiko abwägen und den Patienten so weit als möglich an seiner Meinungsbildung teilhaben lassen.


  • Nachträgliche Informationspflicht: Ebenfalls Ausfluss der Selbstbestimmungsaufklärung, sich im Ergebnis aber als Informationspflicht darstellend, ist die Pflicht zur alsbaldigen nachträglichen Selbstbestimmungsaufklärung in den Fällen, in denen wegen der Notfallbehandlung oder Unansprechbarkeit des schwer verunfallten Patienten eine Aufklärung vor der Behandlung nicht möglich war.


  • Aufklärung über die Funktionsweise von Geräten: Zur Sicherungsaufklärung gehört es auch, dem Patienten die Funktionsweise einer zur Behandlung/Diagnose eingesetzten apparativen Einrichtung so zu erläutern, dass dieser sein Verhalten auf mögliche Gefahren einer Fehlfunktion ausrichten kann und eine falsche Nutzung durch den Patienten ausgeschlossen wird.


  • Nachsorge: Zum Therapiegeschehen gehört auch die Nachsorge, die immer dann notwendig ist, wenn durch die eigentliche ärztliche Maßnahme das Ziel der Behandlung noch nicht erreicht ist oder wenn der Behandlungserfolg noch gefährdet werden könnte.


  • Organisations- und Unterrichtungspflichten: Der Behandelnde muss seine Organisationseinheit so organisieren, dass die sorgfaltsgemäße Behandlung des Patienten gewährleistet ist und die Maßnahmen durchgeführt werden können, die der Patient – vor allem aufgrund des konkreten Inhalts des Behandlungsvertrages – erwarten kann.


  • Fehleroffenbarung: § 630 c Abs. 2 S. 2 BGB regelt, dass der Arzt Fehler auf Nachfrage des Patienten oder zur Abwendung einer gesundheitlichen Gefahr offenbaren muss, dem Arzt hieraus aber kein Nachteil entstehen darf in strafrechtlicher Hinsicht.


  • „Nachfrage des Patienten“: In Bezug hierauf eine Reihe von ungelösten Rechtsfragen, klar ist, dass im Rahmen des Auskunftsanspruches auf Nachfrage nicht nur die positive Auskunft über das Misslingen der Behandlung, sondern auch eine Negativauskunft darüber, dass kein Behandlungsfehler erkennbar ist gefordert wird.


  • Gesundheitsgefährdung: Umstände zu offenbaren, soweit dies zur Abwendung gesundheitlicher Gefahren erforderlich ist, ist auch ohne ausdrückliche Normierung originäre ärztliche Pflicht.


  • Rechtsfolgen: Verschweigt der Arzt reaktionspflichtige Umstände und entstehen dem Patienten daraus kausal verursachte weitere Gesundheitsschäden, so haftet der Arzt wegen eines Behandlungsfehlers nach §§ 630 a, 280 Abs. 1 BGB.


  • Wirtschaftliche Informationspflicht: Beim gesetzlich versicherten Patienten besteht nur in dem Umfang, in dem bereits bei Beginn der Behandlung feststeht, dass die gesetzliche Krankenkasse nicht eintrittspflichtig ist, ein unmittelbarer Anspruch nach § 630 a Abs. 1 BGB gegen den Patienten auf Bezahlung.
    Somit ist das Angebot des Patienten auf Abschluss eines Behandlungsvertrages regelmäßig auf Behandlung ohne eigene Zahlungsverpflichtung gerichtet.
    Inhalt eines Behandlungsvertrages mit einem Kassenpatienten ist also, dass die Leistung des Arztes selbstverständlich entgeltlich, jedoch nicht der Patient selbst zur Zahlung verpflichtet ist.


  • Wegfall der Informationspflicht: Die Informationspflichten können ausnahmsweise aufgrund besonderer Umstände entbehrlich sein, § 630 c Abs. 4 BGB.
    Die Aufzählung hier ist nicht abschließend.

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Wer muss Behandlungsfehler nachweisen?

Patienten müssen in der Lage sein, Behandlungsfehler, Gesundheitsschäden und die Kausalität dieser Fehler für diese Schäden zu beweisen (Kausalität). Seit Inkrafttreten des „Patientenrechtegesetz“ im Jahr 2013 ist der Behandlungsvertrag in den §§ 630a bis 630h des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) verankert.

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Wie hoch liegt das Schmerzensgeld bei einem Behandlungsfehler?


Das Schmerzensgeld bemisst sich wie in allen Fällen in Deutschland anhand der Schmerzensgeldtabelle. Für Arzthaftungsfälle nach der Schmerzensgeldtabelle für Arzthaftungsfälle. Aufgegliedert ist die Schmerzensgeldtabelle alphabetisch nach Art der Verletzung bzw. nach Art des verletzten Körperteils, wobei auch Geburtsschäden oder Dekubitus fälle mit umfasst sind.


Zu beachten ist, dass sich das Schmerzensgeld immer nach dem vorliegenden speziellen Fall richtet und die Fälle aus der Schmerzensgeldtabelle lediglich einen Richtwert angeben.


Es ist immer erforderlich den vollen Sachverhalt anhand der dargestellten Kriterien mit dem jeweils jetzt zu beurteilenden Fall zu vergleichen.


Hierfür bedarf es einer besonderen Erfahrung, weshalb wir Ihnen hierbei mit unser besonderen Erfahrung zur Seite stehen können, Rechtsanwälte Dory & Kollegen beraten Sie gerne.


Durch unsere Spezialisierung im Bereich Medizinrecht, können wir Ihren Fall beleuchten und das für Sie zu erlangende Schmerzensgeld bestens berechnen und durchsetzen.


Besonderheiten im Rahmen des Schmerzensgeldes ergeben sich beim Verlust von sog. paarigen Organen wie Augen, Ohren, Nieren, Eierstöcken oder Hoden.
Zwar rechtfertigt grundsätzlich jeder Organverlust ein besonders hohes Schmerzensgeld aufgrund der Schwere, jedoch ist dies bei paarigen Organen anders, da bei dem Verlust nur eines der paarigen Organteile das Schmerzensgeld deutlich unter 50 % bemessen werden muss im Vergleich zu einem vollständigen Verlust beider paarigen Organe. Zwischen 0 € und 800.000 € ist bisher alles ausbezahlt oder vertreten worden.


Je nach Schwere der Verletzung. Insbesondere bei Schwerstverletzungen oder Geburtsschäden kommt es regelmäßig zu relativ hohen Schmerzensgeldzahlungen im Rahmen des deutschen Rechts.


Beispielhaft sei ein Fall genannt, in dem es im Rahmen mehrerer erfolgloser Laser-OP aufgrund eines Behandlungs- und eines Aufklärungsfehlers zu einem Schaden kam, hier wurde ein Schmerzensgeld in Höhe von 3.000 € ausgeurteilt. In einem anderen Fall, bei dem nach einer Operation ein Tuchband im Bauchraum vergessen wurde und dieses erst nach 17 Jahren dort entdeckt und sodann entfernt wurde kam es aufgrund mehrerer Operationen und gynäkologischer Behandlungen wegen der sehr starken dauernden Schmerzen zu einer Schmerzensgeldzahlung in Höhe von 8.000 €.


In einem Fall, bei dem ein gebotener Notkaiserschnitt um 12 Minuten verzögert durchgeführt wurde und es aufgrund dessen zu einem Sauerstoffmangel mit Hirnschädigung und schwerem Entwicklungsrückstand des Kindes kam, welches nicht frei stehen, nicht sitzen oder Laufen kann, dessen Sprachvermögen fehlt und welches eine schwere geistige Behinderung und dauernder Pflege bedarf wurde ein Schmerzensgeldbetrag in Höhe von 350.000 € ausgeurteilt.


Zudem wird Schmerzensgeld nicht nur im Rahmen einer Einmalzahlung geleistet, sondern gelegentlich auch als monatliche Rente ausbezahlt, die dem Geschädigten sodann sein Leben lang monatlich zusteht.


Das Schmerzensgeld ist jedoch an sich nur eine bedingte Kompensation für den körperlichen Schaden, der durch den Behandlungsfehler entstanden ist und die körperlichen Leiden die auf Dauer bestehen bleiben können. Im Gegensatz zu anderen Ländern wird in Deutschland generell nur ein relativ geringer Schmerzensgeldbetrag zugesprochen. Schmerzensgelder in Millionenhöhe, wie sie in den USA ausgesprochen werden, werden in Deutschland nicht zugesprochen.


Die Schmerzensgeldtabelle stellt jedoch keine rechtlich bindende Grundlage dar. Sie dient lediglich der Orientierung und setzt sich zusammen aus bisher ergangenen Entscheidungen und den in diesen ausgeurteilten Schmerzensgeldbeträgen. Mittlerweile lässt sich jedoch beim Schmerzensgeld eine Tendenz nach oben beobachten.


Es ist schwer die Höhe des Schmerzensgeldes pauschal zu beschreiben oder festzulegen, hierbei bedarf es in jedem konkreten Fall einer genauen Ermittlung, welche aufgrund des Rechtsprechungsrechtes kaum bis gar nicht ohne anwaltliche Hilfe durchgeführt werden kann. Aus diesem Grund ist es unser Ziel, Ihnen hierbei zur Seite zu stehen und diese Ermittlung und Bewertung für Sie durchzuführen, vertrauen Sie uns und vereinbaren Sie einen Termin bei Ihren Rechtsanwälten Dory & Kollegen.


Viele Fragen tauchen auf, wenn wir über dieses Thema sprechen.


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