Abfindung Sozialabgaben: Ist eine Abfindung sozialversicherungsfrei?

Dory & Kollegen GbR • Apr. 26, 2022

Abfindung Sozialabgaben:
Ist eine Abfindung sozialversicherungsfrei?


Eine Abfindung nach einer Kündigung durch den Arbeitgeber wird immer als Entschädigung für den verloren gegangenen Arbeitsplatz empfunden. Eine solche Zahlung ist allerdings nicht die Regel, denn meistens müssen sich die Arbeitnehmer eine Abfindung bei Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses regelrecht

erkämpfen. Von wenigen Ausnahmen abgesehen, ist eine Abfindungszahlung immer eine freiwillige Leistung des Arbeitgebers. Arbeitnehmer haben grundsätzlich Chancen auf diese Zahlung, wenn


● Die Kündigung betriebs-, personen- oder verhaltensbedingt durch den

Arbeitgeber erfolgte

● Es sich um einen Aufhebungsvertrag handelt


Die gesetzlichen Regelungen für eine Abfindung gelten nur für wenige Ausnahmen, weil insbesondere das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) und das Arbeitsrecht den Erhalt von Arbeitsverhältnissen schützen möchten. Daher soll auch die Auflösung eines Arbeitsverhältnisses gegen Abfindungszahlung eine Ausnahme bleiben.

In der Praxis sieht das allerdings ein wenig anders aus.


Gegenstand in einem arbeitsgerichtlichen Prozess, der eigentlich durch eine freiwillige Zahlung vom Arbeitgeber verhindert werden könnte.


Mit der Aussicht auf eine Abfindungszahlung stellt sich allerdings für viele Arbeitnehmer die Frage nach den Sozialabgaben und zwar, ob diese noch davon

abgeführt werden müssen. Nähere Informationen dazu und auch zur Frage, welche Steuern anfallen, finden Sie im Folgenden.


Welche Abgaben müssen

bei einer Abfindung abgeführt werden?


Eine Abfindung ist eine besondere Entschädigungszahlung des Arbeitgebers und

daher fallen andere Abgaben an als beim regulären Gehalt oder Lohn.


● Eine Abfindung zählt nicht als Arbeitsentgelt, sondern es ist eine

Entschädigung für den Arbeitsplatzverlust (§ 14 SGB IV).


Aus diesem Grund muss der Arbeitnehmer auch keine Beiträge zur Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- oder Pflegeversicherung zahlen, was für ihn eine Abfindung generell finanziell interessant macht – siehe § 14 SGB IV SGB.

 

Eine Ausnahme bilden Arbeitnehmer, die freiwillig krankenversichert sind. Sie müssen direkt nach dem Erhalt einer Abfindung alle Beiträge nachzahlen.


Da eine Abfindung zum steuerpflichtigen Einkommen gezählt wird, kann es aber passieren, dass sich der Jahresbruttoverdienst erhöht und man dadurch in die nächst höhere Stufe des Steuersatzes rutscht.


Die Steuern für die

außerordentlichen Einkünfte


Wer seinen Arbeitsplatz durch eine Kündigung verloren hat, hat gute Chancen auf eine Abfindung. Sie wird von manchen Arbeitgebern entweder in einem Aufhebungsvertrag vereinbart oder im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses vor dem Arbeitsgericht angeboten. In beiden Fällen können die Parteien sich darauf

einigen, dass das Beschäftigungsverhältnis endet und der Mitarbeiter eine Entschädigung ausgezahlt bekommt.


Durch die Abfindungszahlung ergeben sich für den entlassenen ehemaligen Mitarbeiter geballte zusammengefasste Einkünfte im jeweiligen Veranlagungsjahr.


● Für diese sogenannten außerordentlichen Einkünfte hat der Gesetzgeber

eine Steuerermäßigung vorgesehen (§ 34 EStG und § 24 Nr. 1a EStG).


Möglich ist auch eine Begünstigung bei den Überstunden. Das jedenfalls wurde vom Finanzgericht Münster für einen entlassenen Arbeitnehmer mit einem Aufhebungsvertrag entschieden, dem für seine in drei Jahren geleisteten

Überstunden (330 Überstunden) nachträglich eine Pauschale in Höhe von 6.000 Euro zugesprochen wurden (23. Mai 2019, Az.:3 K 1007/18 E).


Bis zum Jahr 2003 wurden für Abfindungen keine Steuern erhoben und es gab Freibeträge sowie eine Übergangsregelung. Abfindungen seit dem 1. Januar 2006 sind vollumfänglich zu versteuern.


Wir beraten Sie
Abfindung Sozialabgaben

Fünftelregelung


Steuern sparen kann man dank der sogenannten Fünftelregelung, durch die außerordentliche Einkünfte begünstigt werden. Man berechnet den Steuersatz hiernach so, als hätte man über fünf Jahre verteilt jeweils ein Fünftel der

Abfindungszahlung erhalten.


Abfindungshöhe


Bezüglich der Höhe einer Abfindung wird eine Faustformel angewendet und zwar

berechnet man ein halbes Monatsgehalt brutto pro Beschäftigungsjahr.


● Aber: Bei der Abfindungshöhe ist häufig viel Verhandlungsgeschick gefragt, da der Gesetzgeber gar keine Abfindung und dadurch auch keine Abfindungshöhe vorschreibt. Hier ist ein Rechtsanwalt für Arbeitsrecht gefragt, der unterstützt und den bestmöglichen Betrag für den Arbeitnehmer aushandelt.


Bei der Berechnung gibt es bestimmte Faktoren, die bei der Höhe einer Abfindung in

Verhandlungen berücksichtigt werden sollten:


Beschäftigungsdauer

● Höhe des Lohns bzw. Gehalts

● eventuelle soziale Aspekte wie Familienstand, Alter etc.

● das mögliche Prozessrisiko


Sobald ein Arbeitgeber seinem Mitarbeiter ein Abfindungsangebot anbietet, geht man in Verhandlung. Daher sollte man sich wie bereits erwähnt, anwaltliche Unterstützung einholen. Denn im Hinblick auf das Risiko, das auf den Arbeitgeber eine Kündigungsschutzklage zukommt, könnte sich der Arbeitgeber als deutlich großzügiger in der Höhe der Abfindung erweisen.


Nach einem Kündigungsschutzprozess, der für den Arbeitnehmer erfolgreich

ausgeht, kann die Abfindungshöhe auch durch das Arbeitsgericht festgelegt werden.

Denn oftmals ergibt sich hier eine Einigung auf einen Vergleich.


Übrigens:

Wer eine Kündigung vom Arbeitgeber bekommen hat, für den bleibt eine Drei- Wochen-Frist zur Entscheidung, ob er eine Kündigungsschutzklage einreichen möchte oder nicht.

Daher sollte man möglichst schnell in Verhandlung gehen – nach Fristablauf gilt die Kündigung nämlich als wirksam.


Vereinbaren Sie einen Beratungstermin

Wie wird eine Abfindung bei

ALG I und ALG II-Empfängern berücksichtigt?


Wie sich eine Abfindung und das Alter des Arbeitnehmers auf das Arbeitslosengeld I

auswirken, ist in der Berechnung ein wenig kompliziert.


Beispiel: Ein Arbeitnehmer war 14 Jahre lang bei seinem Arbeitgeber angestellt und ist 56 Jahre alt. Als Lohn wurden ihm zuletzt 120 Euro brutto pro Kalendertag gezahlt und als Abfindung hat er nach Auflösung seines Arbeitsverhältnisses eine Abfindung in Höhe von 25.000 Euro bekommen. Im Gegenzug hat er mit seinem Arbeitgeber

vereinbart, dass sein Beschäftigungsverhältnis drei Monate – also 90 Tage – früher endet, als es die gesetzliche Kündigungsfrist vorsieht.


Bei der Abfindung werden mindestens 25 Prozent und höchstens 60 Prozent berücksichtigt (§ 158 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 SGB III) - Ruhen des Anspruchs bei Entlassungsentschädigung.


Nun müsste eigentlich der Anspruch auf Bezug des ALG I für diese 90 Tage ruhen. Der Arbeitnehmer kann aber eine günstigere Berechnung in Anspruch nehmen, da er über 55 Jahre ist und mehr als zehn Jahre im Betrieb beschäftigt war. Daher ergibt sich ein Prozentsatz von 30 Prozent für die Anrechnung der Abfindung, das

bedeutet, dass für die Ruhe-Dauer nur 7.500 Euro von 25.000 Euro zu berücksichtigen sind.


Anschließend wird berechnet, wie lange der Arbeitnehmer für diesen Berücksichtigungsbetrag von 7.500 Euro hätte arbeiten müssen. Das sind bei 120 Euro brutto (pro Tag) 62,5 Tage. Statt der kompletten 90 Tage ruht der Anspruch auf

Arbeitslosengeld deshalb im hier genannten Beispiel nur 62,5 Tage.


ALG II


Bei Arbeitnehmern, denen im Rahmen eines arbeitsgerichtlichen Vergleichs eine Abfindung zugesprochen wurde und die zu diesem Zeitpunkt bereits ALG II bekommen, gilt die Abfindung als Vermögen. Das bedeutet, dass sich durch die

Abfindung die Sozialleistungen (BSG, Urteil vom 3. März 2009, Az. B 4 AS 47/08 R) in der Summe verringern.


➔ "Anwalt für Arbeitsrecht"

➔ Alles zum Thema "Abfindung bei betriebsbedingter Kündigung"

➔ Alles zum Thema "Fristlose Kündigung Arbeitnehmer"

➔ Aufhebungsvertrag wegen neuem Job

➔ Alles zum Thema "Abmahnung Arbeitsrecht"


Rufen Sie uns an
Abfindung Sozialabgaben - Arbeitsrecht

Anwalt Magazin - Unsere Fachbeiträge


Hochwertige Fachartikel von unseren Fachanwälten verfasst. Vollständig kostenlos abrufbar und zugeschnitten für den Beratungsbedarf. Sollten Sie eine auf Ihren persönlichen Fall zugeschnittene Beratung benötigen, so wenden Sie sich bitte direkt an unsere Anwaltskanzlei.


Elternzeit verkürzen
18 Apr., 2024
Bevor Sie Ihre Elternzeit verkürzen, informieren Sie sich über die Nachteile und Alternativen. Ihre berufliche Auszeit ist für Ihr Kind besonders wichtig.
Notvertretungsrecht für Ehegatten — Rechte, Pflichten und Irrtümer
von Dory & Kollegen GbR 13 Dez., 2023
Das Notvertretungsrecht hilft Ehegatten, wenn ein Partner krank oder bewusstlos ist. Warum es dennoch keine Vorsorgevollmacht ersetzt, erfahren Sie hier.
Nachträgliche Änderungen im Testament — Formvorschriften und Stolperfallen
von Dory & Kollegen GbR 13 Dez., 2023
Geänderte Lebensumstände erfordern Änderungen des Testaments. Rechtssicher wird die Neutestierung erst, wenn Sie Formvorschriften und Stolperfallen kennen.
Vom Todesfall bis zur Beerdigung – Was müssen Sie beachten
von Dory & Kollegen GbR 26 Okt., 2023
Schon vor der Beisetzung des Verstorbenen gibt es einige Punkte, die Sie beachten sollten. Wir verschaffen Ihnen den Überblick!
Bußgeldverfahren prüfen
von Dory & Kollegen GbR 26 Okt., 2023
Derzeit besteht eine große Rechtsunsicherheit, welche straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften bei Geschwindigkeitsverstößen Anwendung finden.
Checkliste Todesfall – Was müssen Sie beachten
von Dory & Kollegen GbR 18 Aug., 2023
Hier finden Sie Alles was Sie im Todesfall wissen müssen. Wen muss ich informieren? Welche Formalitäten stehen an? Welche Dokumente werden benötigt?
von Dory & Kollegen GbR 03 Aug., 2023
Das gilt in Bezug auf den Vertragsschluss: Erfahren Sie hier alle wichtigen Informationen rund um das Thema "Ohne Geschäftsfähigkeit kein Vertrag".
Fitnessstudio Vertrag kündigen – Wann ist das möglich?
von Dory & Kollegen GbR 31 Juli, 2023
Sie wollen Ihren Fitnessstudio-Vertrag kündigen? Die Spezialisten unserer Rechtskanzlei erläutern Ihnen gerne worauf es ankommt.
Lassen Sie Ihre Bußgeldverfahren überprüfen
von Dory & Kollegen GbR 01 Mai, 2023
Bußgeldbescheid wegen Ordnungswidrigkeit im Straßenverkehr erhalten? Wir beraten Sie!
von Dory & Kollegen GbR 01 Mai, 2023
Haben Gewerbetreibende, die vom Lockdown betroffen sind und an den Rand ihrer Existenz getrieben wurden, Entschädigungsansprüche gegen den Staat?
Weitere Beiträge
Share by: